Was ist der Unterschied zwischen Orthodoxen und Häretikern
von
Protopresbyter und Universitätsprofessor
Johannes S. Romanides
aus dem Buch
Theologie der Väter
Ich glaube, wir können den fundamentalen Unterschied erkennen, indem wir uns die ärztliche Wissenschaft zum Beispiel nehmen. Wer nicht Mitglied der Ärztekammer ist, kann den Beruf des Arztes nicht ausüben. Als approbierter Arzt muss man nicht nur eine anerkannte Medizinische Fakultät absolviert haben, sondern auch Mitglied der Ärztekammer sein. Dasselbe gilt auch bei den Rechtsanwälten. Diese Wissenschaften fordern einen kontinuierlichen Leistungsnachweis; denn wenn jemand von der rechten Ausführung seines Berufs abweicht, wird er von dem zuständigen Organ der Berufskammer, der er angehört, verurteilt und aus dem Berufsverband ausgeschlossen.
Genau dasselbe geschieht aber auch in der Kirche. Das entsprechende Verfahren innerhalb des Leibes der Kirche, das Verstoßen, d.h. die Abtrennung eines ihrer Mitglieder, wird Kirchenausschluss genannt; im Fall von kirchlichen Würdenträgern heißt es Absetzung. So werden die Häretiker aus dem Leib der Kirche entfernt. Wie im medizinischen Bereich es unmöglich ist, dass einem Quacksalber gestattet wird, zu heilen, ebenso wird auch in der Kirche unmöglich einem Häretiker gestattet, die Seelen der Menschen zu heilen. Denn da er Häretiker ist, fehlt ihm die Kenntnis, kann er nicht heilen. So wie es nicht möglich ist, dass es jemals zu einer Vereinigung zwischen quacksalbernden Ärzten und der Ärztekammer kommt, so ist es auch niemals möglich, dass es zu einer Vereinigung zwischen Orthodoxen und Häretikern kommt. Ein wirklicher Arzt ist nicht derjenige, der bloß viele medizinische Bücher liest, sondern derjenige, der die Medizinische Fakultät einer Universität absolviert hat, und zudem eine lange Zeit an der Seite eines erfahrenen Professors mit bewährter Fähigkeit in der Krankenheilung studiert hat.
Übersetzung: Marion Alipranti-Conrad, Universität Athen
Heiliges Kloster Pantokratoros