Zu einer Vision über den Ökumenismus


Hl. Nikolaj Velimirović

Zu einer Vision
über den Ökumenismus [1]

Ihr hattet eine ungewöhnliche Vision während des Gebets in der Kirche. Ihr saht, wie Christus aus dem Altarraum trat und sich hinstellte. Danach kam einer heraus, der aussah wie ein hebräischer Rabbiner und stellte sich zur Linken Christi. Schließlich kam noch einer heraus mit einem Kopftuch auf dem Haupt und stellte sich zur Rechten Christi. Hierauf reichten diese beiden Christus die Hand und machten mit ihm den Handschlag. Eine solche Vision also hattet Ihr.  Und als Deutung verkündet Ihr als angeblicher Deuter Folgendes: Gott will, dass alle Religionen sich aussöhnen und dass ein einziger Glaube geschaffen werde in der Welt!

Ein jeder von denen, die eingeweiht sind in die Mysterien des Gottesreichs, ist in der Lage, Euch zu sagen, dass diese Vision ein Trug ist und dass ebenso die Deutung ein Trug ist. Das Blendwerk, das Ihr vor Euch saht, ist nicht von Gott, sondern von dem, der allezeit seine Hörner gegen die Kirche Christi erhebt. Das Vaterunser endet mit der Bitte an Gott, Er möge uns befreien von jenem: „ erlöse uns von dem Bösen“.

Mann Gottes, wer vermöchte mit Christus den Handschlag zu machen? Wer vermöchte an Gottes Seite zu stehen? Hat Christus nicht zu den Hebräern gesagt: „Siehe, euer Haus wird euch öde zurückgelassen“  (Mt 23,38)?  Die Prophezeiung hat sich erfüllt. Die Hebräer haben weder Opfer noch Priestertum mehr. Beide gingen  über an die Getauften in dem Augenblick, wo der Tempelvorhang zerriß „von oben bis unten“  (Mt 27,51). Ebensowenig haben die Mohammedaner Opfer und Priestertum. Hat nicht der Hebräer Paulus, der Apostel Gottes, den Hebräern gesagt: „Die Vollstreckung des Gesetzes ist Christus“ (Röm 10,9)? Und außerdem: „Er  [Christus] nimmt das erste [das Gesetz]  hinweg, um das zweite [den Willen Gottes] zu festigen“ (Hebr 10,9)? Wie also könnte das, was verödet ist, was vollstreckt wurde, was beseitigt und durch ein Anderes, Neues ersetzt worden ist, gleichgestellt werden, und das durch Handschlag, mit dem lebendigen Glauben Christi? Doch auch Mohammed, obwohl er die Christen nicht erträgt, anerkennt und schreibt selbst im Koran, dass Jesus, der Sohn Marias, die Welt richten wird. Welche Gleichschaltung und Nivellierung dereinst! 

Von wo kommt diese Vision, fragt Ihr? Von dem, der in Versuchung führt. Haltet Rückschau auf Euer Leben, und Ihr werdet begreifen. In unseren Tagen hört man vieles – seitens der Kleingläubigen freilich – über die Versöhnung und Gleichstellung aller Religionen. Und auch Ihr selbst habt Euch diesen Gedanken und Wünschen hingegeben. Nun ist Euch Eure eigene subjektive Vision gegeben worden, damit Ihr sie so seht, als wäre sie objektiv. Und Ihr freut euch darüber wie über eine Erbarmung Gottes. Ich selbst würde nicht sagen, dass dies eine Erbarmung ist. Wahrscheinlicher ist, dass es sich eine Vorwarnung handelt.

Ihr habt die Sinngehalte verwechselt. Eine Sache ist der soziale und politische Friede, eine andere ist die Versöhnung der Religionen. Eine Sache ist die Gleichstellung der Bürger hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten, eine andere die Nivellierung der Religionen. Den Christen ist streng die Barmherzigkeit gegenüber allen Menschen geboten, ohne Unterschied des Glaubens, zugleich aber ebenso streng die Bewahrung der Wahrheit Christi. Als Christ könnt Ihr für die Andersgläubigen sogar noch euer Vermögen und euer Leben hinopfern, doch um keinen Preis die Wahrheit Christi, denn diese ist nicht euer Eigentum, das andere aber ist es.

Hier liegt der Stein Εures Anstoßes, in diesem Unterschied. Von der Nichtbeachtung dieses Unterschieds kam auch die Verwirrung in die Seele. In Wirklichkeit habt Ihr nicht Christus gesehen, noch auch habt Ihr Mohammed gesehen, sondern bloß Eure eigene Seele.
 
Möge Gott Euch zu Hilfe eilen
 
Quelle: www.prodromos-verlag.de


[1] Diesen Brief, den 127. der Sammlung der aus der Zeit 1937-1941 stammenden 300 Hierapostolischen Briefe des hl. Nikolaj, Bischof von Ochrid und Zica (1880-1956), schrieb der heilige Hierarch an den Rentner P.N. Dt. Übersetzung aus der griech. Fassung (En Plo, 2 Bände, 4. Auflage Athen 2010) vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania 2012.


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