12 Fragen und Antworten zum Orthodoxen Glauben


12 Fragen und Antworten zum Orthodoxen Glauben
und zum Orthodoxen Gottesdienst

Übersetzung: Sr. Matthaia ©Heiliges Kloster Pantokratoros

Der Einladung einer protestantisch-theologischen Hochschule (Aufbaustudium) folgend, die sich außerhalb von Seoul befindet, hielt der Hochwürdigste Metropolit von Korea, P. Ambrosius, zwei Vorträge vor 35 Doktoranden, allesamt Pastoren. Die Vorlesungen, in denen die Vorträge gehalten wurden, hatten Mission und Liturgie zum Thema.Wir haben die Diskussionen, die nach jedem Vortrag folgten, größtenteils aufgezeichnet und stellen sie im Folgenden vor, da wir glauben, daß sowohl die angesprochenen Themen als auch die Art und Weise der Darstellung des orthodoxen Glaubens in Korea von besonderem Interesse sind.

***

1.    Frage: Was verstehen sie unter „missionarischen Aktivitäten“ in der Orthodoxen Kirche?

Antwort: Vorab, der Begriff „Mission“ bringt nicht den Geist der Orthodoxen Kirche zum Ausdruck. Wir benutzen ihn kompromisshalber, weil er allgemein vorherrschend ist. Wir bevorzugen stattdessen den Begriff „Zeugnis“. Der Begriff Mission, der aus der westlichen Theologie hergeleitet ist, existiert nicht in der Heiligen Schrift, während der entsprechende Begriff „Zeugnis“ häufig vorkommt. Die Lehre des Evangeliums bedeutet nicht, schöne Worte über Christus zu sagen, sondern ein tägliches Zeugnis Christi durch die eigenen Worten und das eigene Schweigen zu geben, durch Taten und durch das Beispiel. Und wenn es sein muss, wenn nötig, ein Märtyrer für Christus zu werden, nämlich sein Blut für Christus zu vergießen, so wie es Millionen von Märtyrern und Bekennern des Glaubens getan haben.

2.    Frage: Was denken sie über Proselytismus?

Antwort: In der Orthodoxen Kirche betrachten wir Proselytismus als große Sünde, weil es den Menschen nicht achtet. Er tritt das kostbare göttliche Geschenk der Freiheit mit Füßen und erniedrigt die Persönlichkeit des Menschen. Proselytismus bedeutet, jemandem anderen die eigenen Überzeugungen mit erlaubten und unerlaubten Mitteln aufzudrängen, während Cristus zu bekennen bedeutet, darum zu kämpfen, Christus entsprechend zu leben und durch die eigenen Worte und das eigene Leben das ewige „Komm und sieh“ des Apostels Philippus gegenüber jedem wohlmeinenden „Nathanael“ – ihrem Nachbarn – zu wiederholen. Die katastrophalen Folgen des Proselytismus der sogenannten Missionsländer durch das westliche Christentum, mit denen wir bis heute konfrontiert sind, lassen meines Erachtens keinen Spielraum für eine unklare Beurteilung der Proselytenmacherei.

3.    Frage: Wie geht man in der Orthodoxen Kirche vor, wenn jemand als Missionar arbeiten möchte?

Antwort: In der Orthodoxen Kirche sind die Diakone der Bibel nicht selbsternannt sondern durch andere ernannt. Mit anderen Worten, man entscheidet nicht selbst als Misionar zu arbeiten, sondern man wird von der Kirche gesandt. Der Gehorsam gegenüber der Kirche ist der einzige Weg zur Rettung der Seele. Wenn wir uns z.B. an den Fall von Barnabas und Paulus erinnern, dann sehen wir, dass der Heilige Geist sie erwählte und die Kirche sie durch Gebet und Fasten aussandte zu predigen (Apg 13,3). Und als sie nach Jerusalem zurückkehrten, erzählten sie der Kirche, die sie ausgesandt hatte, alles „was Gott durch sie getan hatte“ (Apg 15,4).
Dies ist von großer theologischer Bedeutung für die Verbreitung des wahren Glaubens und für die Einheit der Kirche. Wenn jeder gemäß seiner eigenen Meinung und seinem Verlangen  handelt, dann sind der Glaube und die Einheit der Kirche in Gefahr.

Erlauben sie mir an dieser Stelle folgendes Ereignis zu erwähnen: Einmal flog ich mit einer Amerikanerin, einer selbsternannten Missionarin, von Amerika nach Griechenland. Als ich sie fragte, warum sie Griechenland für ihre missionarische Arbeit gewählt hatte, sagte sie mir, dass sie die Griechen sehr bewunderte, weil sie viel über ihre glorreiche antike Geschichte wusste, und aus diesem Grund hatte sie großen Eifer sie zu christianisieren.

„Wissen sie, an was die heutigen Griechen glauben?“ fragte ich sie.

„Selbstverständlich, die zwölf Götter des Olymp!“ antwortete sie.

„Wissen sie“, sagte ich ihr, „dass 2000 Jahre vor ihnen ein anderer Apostel nach Griechenland kam, Paulus, der große Apostel der Nationen, und das Christentum gepredigt hat? Und dass die Griechen seither eine ununterbrochene christliche orthodoxe Tradition haben?“

So etwas Skuriles und noch viel Schlimmeres geschieht, wenn nicht hinter jedem selbsternannten Missionar die Kirche steht, die ihn sendet.

4.    Frage: Sie beschuldigen die Frau, die als Missionarin nach Griechenland ging. Warum sind sie nach Korea gekommen? Tun sie nicht dasselbe?

Antwort: Nein, ich habe nicht dasselbe getan, noch habe ich die Dame beschuldigt. Ich habe einfach dieses Ereignis erwähnt um zu zeigen, was passieren kann, wenn die missionarische Arbeit von jemandem keine richtigen kirchlichen Grundlagen hat. Sie wissen besser als ich, dass es in Korea Millionen von Menschen gibt, die nicht nur Nicht-Christen sondern auch Heiden sind. Allerdings ist Griechenland ein Land mit 2000 Jahren  christlicher Geschichte und einer Bevölkerung von über 90% Christen. Wenn Korea ein christliches Land wäre, hätte mich das Ökumenische Patriarchat nicht hierher gesandt.

Um noch deutlicher zu werden, gestatten sie mir das folgende hinzu zu fügen: An der Universität, an der ich unterrichte, sind die Eltern einer unserer Studentinnen in Griechenland als selbsternannte Missionare. Und in der Tat wählten sie die Insel Patmos als Ort für ihre missionarischen Tätigkeiten! Die Insel der Offenbarung, wo die Spuren des Evangelisten der Liebe, des Heiligen Johannes  noch ganz sichtbar sind.

Auf dieser Insel, wo viele christliche Heilige lebten und wirkten, gibt es unzählige Kirchen und Klöster, wo der orthodoxe Glaube seiner Bewohner seine Wurzeln in der apostolischen Zeit hat. Man könnte fragen, was sie die orthodoxen Bewohner dieser Insel lehren, sie, zwei Koreaner, die vor ein paar Jahren Christen wurden. Glauben sie nicht, dass es unaufrichtig ist, den Glauben von Menschen zu ändern, die in ihrer DNA die Tradition von zwei Jahrtausenden tragen?

Ebenso war es nicht in Ordnung, was die römisch-katholische Kirche in den 90er Jahren nach dem Fall des Kommunismus in Russland getan hat. Unmittelbar danach beeilten sich die Unierten hinterhältigerweise die Russen mit ihrer Jahrhunderte alten Tradition in römische Katholiken zu konvertieren. Wenn jemand missionarische Arbeit tun will, dann soll er sich anderen nicht-christlichen Ländern zuwenden.

5.    Frage: Würden sie uns etwas über die Persönlichkeit eines Missionars sagen?

Antwort: Um Ihre überaus wichtige Frage zu beantworten, werde ich versuchen kurz zu erklären, wie der ideale Missionar theoretisch ist. Natürlich will ich nicht behaupten, dass das, was getan werden sollte immer das ist, was tatsächlich getan wird. Wer die missionarische Arbeit der Kirche tut, muss zuerst Christus zum Vorbild haben und all jene, die den Spuren Christi gefolgt sind, nämlich die Heiligen. Der Missionar muss zweifellos eine Person mit vielen Tugenden sein. Am wichtigsten ist, dass der Mensch gegen seine Leidenschaften kämpft. Die Reinigung (Katharsis), damit man den Heiligen Geist empfangen kann, ist der erste Schritt. Von der Reinigung schreitet man fort zur Erleuchtung und Theosis (Vergöttlichung). Man kann nicht jemand etwas übertragen, das man selbst nicht besitzt. Um ein Zeugnis Christi zu geben, muß man selbst notwendigerweise die Gegenwart Christi im eigenen Leben verkostet haben.

6.    Frage: Worin besteht die Methode für die missionarische Arbeit in der Orthodoxen Kirche?

Antwort: In der Orthodoxen Kirche folgen wir der Praxis der frühen Kirche, wie wir es in der Apostelgeschichte finden. Als die Apostel sahen, dass ihre vielfältige Sorge für den Dienst an den Tischen ihnen die Zeit für ihre Hauptaufgabe „stehlen“ würde, schlugen sie vor, sieben Diakone zu wählen. Was sie selbst betraf, verkündeten sie allen folgenden Beschluss: „Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben“ (Apg 6,4).

Mit anderen Worten, der apostolischen Tradition folgend gibt die Orthodoxe Kirche dem Gottesdienst den Vorrang vor der Verkündigung. Man kann das leicht erkennen, wenn man einen Gottesdienst in einer Orthodoxen Kirche besucht und dann dasselbe bei einer protestantischen Versammlung tut. Der Schwerpunkt in einer Gemeinde von Orthodoxen ist  der Anbetung Gottes gewidmet, während es für die Protestanten die Predigt ist. Deshalb hören wir oft von Protestanten, die die Orthodoxie kennengelernt haben „in unseren Gemeinden hören wir viele Worte, aber in der Orthodoxen Kirche beten wir viel und hören wenig.“

Uns Orthodoxen wird das Heilige Evangelium, das sich immer im Zentrum des Heiligen Altars befindet, um uns daran zu erinnern, dass das Wort Gottes im Mittelpunkt unseres täglichen Lebens sein muss, während unserer heiligen Gottesdienste auf drei Weisen gelehrt. Erstens lesen wir es. In jedem heiligen Gottesdienst werden heilige Lesungen gelesen. Insbesondere während der Göttlichen Liturgie hören wir das Wort Gottes in den Lesungen der Apostelbriefe und dem Evangelium und in der folgenden Predigt.

Zweitens singen wir es. Die wunderbaren, überaus theologischen Hymnen des orthodoxen Gottesdienstes sind zum größten Teil voll von direkten und indirekten Bezugnahmen auf die Heilige Schrift. In der Tat, wenn man die Texte vergleicht, kann man sehen, dass gewisse Hymnen wörtliche Zitate von Texten der Heiligen Schrift sind. Mit anderen Worten, wir haben den Text der Heiligen Schrift vertont.

Und drittens sehen wir es. Wir sehen das Evangelium in den orthodoxen Ikonen. Das heißt, Ikonen sind das veranschaulichte Evangelium. Wenn wir zum Beispiel die Aufmerksamkeit auf die Ikone der Verklärung des Herrn richten, dann erkennen wir, dass der Ikonenmaler durch die Ausführungen und Farben ikonographisch die Worte des Evangelisten wiederholt, der das Wunder der Verklärung beschrieben hat. Zusammenfassend sagen wir, dass wir im Gottesdienst der Orthodoxen Kirche ein vollkommenes audiovisuelles System haben, um das Evangelium zu verkünden.

7. Frage: Sie sagten, dass in der Orthodoxen Kirche der Gottesdienst den Vorrang vor der Verkündigung hat. Doch auf dem Areopag predigte der Apostel Paulus ausschließlich.

Antwort: Der Apostel Paulus sprach zu den Götzendienern von Athen zum ersten Mal. Es war logisch, mit der Verkündigung des „unbekannten Gottes“ zu beginnen. Zu welchem Gott hätte er mit den Götzendienern beten können? Wie wir in der Apostelgeschichte sehen, folgten die Apostel in allen anderen Situationen der missionarischen Praxis des Gottesdienstes und der anschließenden Verkündigung. Das Hauptanliegen ihrer Versammlungen war das „Brechen des Brotes“ und die Lehre.

8.    Frage: Sie haben sehr ausführlich über die Gottesdienst gesprochen und ihren Mittelpunkt, der wie sie sagten, die Heilige Eucharistie ist. Wie glauben sie, dass Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden?

Antwort: In der Orthodoxen Kirche glauben wir, dass das größte Werk, das auf Erden vollzogen wird die Göttliche Liturgie ist. Und das ist so, weil wir während der Göttlichen Eucharistie die Begebenheit des Letzten Abendmahles wieder erleben, für die Erlösung der Menschheit. So wie im Abendmahlssaal in Jerusalem Christus Seinen Leib und Sein Blut Seinen Jüngern gegeben hat, so ist Christus bei jeder Göttlichen Liturgie unsichtbar, hypostatische und wesenhaft als Opfer und Opfernder gegenwärtig und gibt Seinen Leib und Sein Blut den getauften Gläubigen, die die Stelle der Apostel einnehmen. Und natürlich glauben wir, die wir die Heilige Kommunion empfangen, dass wir an demselben Leib und Blut Christi teilhaben „zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben“. Nicht symbolisch, denn Christus sagte während des Letzten Abendmahls nicht zu Seinen Jüngern: „Nehmt, esst, das ist wie mein Leib“ oder „Trinkt alle davon, das ist wie mein Blut“ sondern „das ist mein Leib“ und „das ist mein Blut“.

9.    Frage: Mit anderen Worten, was wir während unseres Gottesdienstes tun, ist nichts?

Antwort: Der große Unterschied zwischen dem orthodoxen Gottesdienst und ihrem ist die Tatsache, dass in ihrem Gottesdienst eine imaginäre Darstellung des Opfers Christi vollzogen wird, nämlich eine fiktiver Akt des Letzten Abendmahls. Im Gegensatz dazu sind in der orthodoxen Göttlichen Liturgie das Letzte Abendmahl, die Kreuzigung und Auferstehung Christi gegenwärtig, und Christus wird „wieder und wieder, viele Male“ hingegeben, um von den Gläubigen „gegessen und getrunken zu werden“ – „immer genossen doch nie aufgezehrt“.
Die Apostel empfingen die Tradition der Feier des „Letzten Abendmahls“ vom Herrn. Sie gaben sie weiter an ihre Jünger, und die Orthodoxe Kirche führt diese Tradition bis zum heutigen Tag ohne Unterbrechung fort. In der Geschichte der Frühen Kirche gibt es zahlreiche Verweise auf die Zeit der Verfolgungen und die Katakomben, die Zeugnis ablegen für den Eifer der ersten Christen und die Gefahren, die sie auf sich nahmen, indem sie an den eucharistischen Versammlungen teilnahmen, um den Leib und das Blut Christi zu empfangen.

Für uns Orthodoxe ist es unverständlich, wie die protestantische Theologie Passagen der Heiligen Schrift interpretiert, die überaus deutlich vom himmlischen Brot sprechen, wie sie z.B. im sechsten Kapitel des Johannes-Evangeliums gefunden werden: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag“ (Joh 6,54) und „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,56). So, wie für unseren Körper eine absolute Notwendigkeit besteht, reale und nicht symbolische Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, um am Leben zu bleiben, ebenso besteht für unsere Seele eine absolute Notwendigkeit, den Leib und das Blut Christi zu empfangen, um nicht geistig zu sterben. Wir können weder in diesem noch im nächsten Leben existieren, wenn wir nicht das Fleisch Christi essen und Sein Blut trinken. Das klingt vielleicht hart. Doch erinnern wir uns, dass viele Jünger aufhörten Christus nachzufolgen, nach all dem, was Er ihnen über Sein Fleisch und Sein Blut gesagt hatte. Und er wandte sich an die Zwölf und fragte sie, „Wollt auch ihr weggehen?“ (Joh 6,67) Dasselbe wiederholt er auch heute noch allen gegenüber, die Christen sein wollen, aber nicht die ganze Lehre Christi glauben und akzeptieren.

10.    Frage: Wird der Mensch durch die Predigt allein nicht gerettet? Warum bestehen sie so sehr auf dem Thema des Gottesdienstes?

Antwort: Das Heilswerk der Kirche wird nicht allein durch die Predigt erfüllt. Wenn jemand das Wort Gottes hört und sagt, „Ich bin gerettet“, dann bedeutet das nicht, dass er bereits gerettet ist. Durch die Teilnahme an den Mysterien (Sakramenten) der Kirche, wird der Mensch geheiligt und erreicht die Theosis. Die Heilige Kommunion z.B. wird den Gläubigen „zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben“ gespendet. Durch die Heilige Eucharistie werden die Gläubigen mystisch mit Christus vereint und werden zu „Teilhabern an der göttlichen Natur…“ (2 Petr 1,4) Worin sonst besteht das Heil des Menschen?

11.    Frage: Wie können sie uns erklären, was ein Mysterium (Sakrament) ist?

Antwort: Es ist schwierig für jemand, an das sakramentale Leben der Kirche zu glauben, wenn er nicht zuerst die Bedeutung des Wortes „Mysterium“ versteht. Ein Mysterium ist etwas, von dem wir sehen, dass es durchgeführt wird, aber es ist für den menschlichen Geist unmöglich zu verstehen, wie es zustande kommt. Wenn wir verstehen könnten, wie sich das Mysterium vollzieht, dann wäre es kein Mysterium, sondern ein alltägliches menschliches Tun.

Wir sagen z.B., dass Gott dreifaltig ist. Ich frage sie: Wer von uns versteht das Mysterium der Heiligsten Dreifaltigkeit? Drei Personen, ein Wesen! Wenn man dieses Mysterium mit menschlicher Logik betrachtet, ist es absurd. Wenn ein Mensch es allerdings durch die Dimension des Glaubens sieht, dann wird er verstehen, dass es nicht unlogisch ist sondern jenseits der Logik. Wer könnte verstehen, was Gott ist? Was ist z.B. das Wesen Gottes? NIEMAND! Dennoch glauben wir an Gott. Nicht, weil wir ihn verstehen, sondern weil wir Seine Gegenwart geheimnisvoll spüren und Seine Liebe im Herzen fühlen. Mit anderen Worten, wir können die ungeschaffenen Energien Gottes so verstehen, wie die großen Väter der Orthodoxen Kirche wunderbar darüber theologisiert haben, aber nicht Sein Wesen. Lassen sie uns betrachten, was Gott zu Mose sagte, als er Gott bat, ihm Seine Herrlichkeit zu zeigen: „Ich will meine ganze Schönheit vor dir vorüberziehen lassen …aber du kannst mein Angesicht nicht sehen; denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben“ (Ex 33, 18-20).

Genauso verhält es sich in allen Fragen des Glaubens, die die natürlichen Gesetze übersteigen. Wir „sehen sie, ohne sie zu sehen“, wir „kennen sie, ohne sie zu kennen“ denn sie sind alle eingehüllt im „göttlichen Dunkel“ (Gregor von Nyssa). Nur durch die Kraft des Glaubens erleben wir sie und haben teil an ihnen. Wenn wir darauf bestehen, nur das zu glauben, was wir mit unserer endlichen Logik verstehen, dann engen wir unseren geistigen Horizont extrem ein und können letztendlich keine Christen  sein. Denn schließlich ist Glaube „ein Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“ (Hebr 11,1). Und natürlich ist Glaube abhängig von wahrer Demut, mit der wir die Gnade Gottes anziehen. Denn „Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade“ (Jak 4,6). Der demütige Mensch, der Gott mehr vertraut als seiner Logik, kann mit der Gnade Gottes die Mysterien der Kirche verstehen.

12.    Frage: Wie kann man in Korea orthodoxe Theologie studieren?

Antwort: Da die orthodoxe Theologie in Korea nahezu unbekannt ist, versucht die Orthodoxe Metropolie von Korea, eine Orthodoxe Theologische Fakultät aufzubauen, die nicht nur in Korea die erste sein wird, sondern in ganz Ostasien. So soll jeder, der es wünscht,  die Möglichkeit haben, sich diesem kostbaren Schatz nähern zu können. Beten sie, dass unser Wunsch zur Ehre Gottes bald Wirklichkeit wird.

(Die Vorträge dauerten zusammen mit den Sitzungen, während denen Fragen gestellt werden konnten, mehr als drei Stunden – mit einer zehnminütigen Pause – und wurden mit folgendem Nachwort abgeschlossen.)

Meine Lieben, bevor ich das Rednerpult verlasse, möchte ich mich zunächst für Ihre höfliche Einladung und besonders für Ihr prägnanten Fragen bedanken. Zweitens entschuldige ich mich, denn es ist möglich, dass ich einige von ihnen durch meine Antworten vor den Kopf gestoßen habe. Meine Absicht war es nicht irgend jemand zu verärgern. Denn ich glaube, damit ein Dialog sinnvoll und fruchtbar sein kann (niemand wird hierher gekommen sein, um leeres Geschwätz zu hören und seine Zeit zu vergeuden), müssen zweifellos Offenheit und Liebe herrschen, deshalb habe ich ihnen in der Sprache der Wahrheit und Liebe gesagt, was ich glaube. „Die Wahrheit in Liebe sagen…“ (Eph 4,15) und „Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,32), das war die biblische Grundlage für meine Gedanken. Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich abschließend hinzufügen, dass ich ihnen nicht gesagt habe, dass wir, die Orthodoxen, alle heilig sind. Unser Ziel ist natürlich unsere Heiligung, für die wir kämpfen. Doch was jeder in seinem persönlichen Leben tut, wird von Gott gerichtet werden. Was ich versucht habe, ihnen zu sagen ist, dass wir Orthodoxe felsenfest glauben, den richtigen Glauben zu haben. Wir folgen weiter dem Glauben der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends, unter Berücksichtigung der apostolischen Mahnung: „Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungen fest, in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief“ (2 Thess 2,15).
Ich danke ihnen herzlich.

Quelle: ΠΑΝΤΑ ΤΑ ΕΘΝΗ (Alle Völker)
Vierteljährliche missionarische Zeitschrift
Heft 116
Oktober – November – Dezember 2010

     


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